Pierre Gramegna au sujet de la place financière au Luxembourg

"Luxemburg wird nicht benachteiligt, sondern genauso aufgestellt sein wie andere auch"

Interview: Marco Meng

Lëtzebuerger Journal:  Ihre "Schonfrist" war schnell vorbei: Dass zeitgleich drei Mitarbeiter das Finanzministerium verließen, wurde von manchen interpretiert, Sie hätten das Haus "nicht im Griff"...

Pierre Gramegna: Ich habe eine wunderbare Mannschaft mit einem Generalsekretär und vier Direktoren, alles Leute mit viel Erfahrung aus dem Finanzministerium oder der Steuerverwaltung. Ich kann mich also auf eine Mannschaft stützen, die willig und passioniert ist, mit mir zu arbeiten. Ich habe das Haus gut im Griff, und selbst, als drei Funktionäre das Ministerium verließen, funktionierte alles reibungslos und wir haben währenddessen das Budget 2014 erarbeitet.

Lëtzebuerger Journal: Führt das angestrebte Gleichgewicht bei Einnahmen und Ausgaben des Staates nicht zu schmerzlichen Einschnitten?

Pierre Gramegna: Wir haben für 2014 231 Millionen eingespart, sonst hätten wir von Brüssel kein grünes Licht bekommen. Der Haushalt 2015 wird ein Budget der "neuen Generation", das heißt, es wird anders gestaltet als das in der Vergangenheit der Fall war, weil wir nämlich alles hinterfragen. Und zwar nicht nur, um zu sparen, sondern, um es besser zu machen, um uns zu modernisieren und zu reformieren. Wenn man sich bei allen Ausgaben fragt, warum machen wir das, was ist das Ziel, ist das effektiv, erreichen wir mit der Maßnahme das, was die Regierung sich als Ziel gesetzt hat... Wenn man da keine positive Antwort bekommt, dann muss man die betreffenden Ausgaben reorientieren oder in Frage stellen.

Lëtzebuerger Journal: Das Handwerk befürchtet weniger Investitionen in den Wohnungsbau, weil der niedrige Steuersatz abgeschafft wird.

Pierre Gramegna: Wir hatten diesen reduzierten Steuersatz ja all die Jahre. Und was ist das Resultat? Wir haben zu hohe Preise, weil das Angebot so gering ist. Man kann also nicht sagen, dass der Steuersatz sich bewährt hätte. Wenn er so effektiv wäre, gäbe es die Maßnahme auch in anderen Ländern, was nicht der Fall ist, und wir hätten ja dann nicht auf dem Immobilienmarkt die Probleme, die wir haben. Es ist also eine Maßnahme, die nicht gegriffen hat. Der Preis richtet sich nach dem Angebot. Und in Luxemburg gibt es auf dem Immobilienmarkt nicht genug Angebot. Damit hat der reduzierte Steuersatz aber nichts zu tun, und ihn dafür verantwortlich zu machen, ist nicht richtig.

Lëtzebuerger Journal:  Das Ministerium ist sich also sicher, dass die Abschaffung nicht dazu führt, dass noch weniger gebaut wird?

Pierre Gramegna: Ich glaube, dass Investitionen in Immobilien heute noch extrem günstig sind in Luxemburg. Zumal zu einer Zeit, wo der Zinssatz so außerordentlich niedrig ist wie heute, ist der Immobilienmarkt Luxemburg eben auch um Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen - extrem attraktiv, denn während sieben Jahren kann man sechs Prozent der Investitionskosten abschreiben. Investitionen in Immobilien bleiben damit auch ohne die 3% Vergünstigung attraktiv.

Lëtzebuerger Journal: Dass durch die Maßnahme weniger gebaut wird, glauben Sie nicht?

Pierre Gramegna: Ganz klare Antwort: Nein.

Lëtzebuerger Journal: Der Steuervorteil war für das kleine Luxemburg immer ein großer Pluspunkt: Nun fällt er beispielsweise beim E-Commerce fällt weg. Ist das das -Ende des "Modells Luxemburg"?

Pierre Gramegna: Der Steuervorteil beim E-Commerce fällt aufgrund einer europäischen Entscheidung weg, der Luxemburg selbst übrigens vor ich glaube sechs Jahren selbst zugestimmt hat. Wir hatten also eine lange Periode, in der wir uns auf den Wegfall hätten vorbereiten können. Die nicht unerheblichen Einnahmen daraus hätten wir also einsparen müssen, oder wenigstens einen Teil davon. Leider ist das nie gemacht worden, darum muss nun die neue Regierung handeln. Ein Teil der Antwort ist, die TVA ins Lot zubringen. Die Frage ist nun, wie wir uns beim E-Commerce positionieren, und wir haben natürlich mit den Akteuren gesprochen, um sie zu überzeugen, in Luxemburg zu bleiben, denn das Land hat noch andere Vorteile. Unser TVA-Steuersatz bleibt übrigens trotz 2% Erhöhung der niedrigste in der EU. Wir bleiben also dennoch ein attraktives Land und hoffen, dass die E-Commerce-Unternehmen, die hier sind, auch bleiben. Im Oktober soll zudem ein "Mini Guichet unique" für die "TVA-électronique" an den Start gehen, um den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern.

Lëtzebuerger Journal: Führt die Ankündigung der Schweiz, beim automatischen Bankdatenaustausch mitzumachen, wieder zu gleichen Wettbewerbsbedingungen?

Pierre Gramegna: Während den letzten 18 Monaten, nachdem Luxemburg sein Bankgeheimnis zu lockern ankündigte, stellen wir fest, dass die angelegten Summen im Land relativ stabil geblieben sind. Ähnlich ist es mit der Beschäftigtenzahl auf dem Finanzplatz. Das zeigt erstens, dass der Finanzplatz gut reagiert hat, dass wir relativ gut aufgestellt sind, und dass die Akteure keine Angst davor haben, Luxemburgs Finanzsektor sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Analyse der Regierung sagt dasselbe aus: Wir bekommen den automatischen Bankdatenaustausch nicht nur in Europa, sondern dasselbe "Level -Playing-Field" auf der ganzen Welt, weil die OECD hier den gemeinsamen "Reporting Standard" geschaffen hat, wo die USA und Europa genauso dabei sind wie beispielsweise Japan. Sogar China und Singapur sind assoziiert, das heißt, alle gehen in eine Richtung. Das Fazit davon ist, Luxemburg wird nicht benachteiligt, sondern genauso aufgestellt sein wie andere auch. Da wird in den nächsten zwölf bis achtzehn Monaten nochvieles geschehen, damit man nicht verschiedene Standards hat, sondern nur einen, wahrscheinlich den von der OECD.

Lëtzebuerger Journal: Sie kennen als ehemaliger Generaldirektor der Handelskammer die Nöte der kleinen und mittleren Unternehmen. Bekommen die genug Unterstützung?

Pierre Gramegna: In Luxemburg wie auch in vielen anderen europäischen Ländern sind die "PME"-Unternehmen das Rückgrat der Volkswirtschaft. In Luxemburg haben wir keine Kreditklemme. Wir werden aber in den kommenden Wochen den Luxemburg -Future -Fund vorstellen, der viel bewegen kann und gerade Unternehmen aus dem Bereich neue Technologien, Internet und E-Commerce, die wenig Startkapital haben, zugute kommt.

Lëtzebuerger Journal: Obwohl die "Eurokrise" überwunden scheint, geht es den "Krisenländern" noch schlecht, und der Schuldenberg Griechenlands hat nicht ab-, sondern zugenommen.

Pierre Gramegna: Europa ist hier nicht das Problem, sondern die Lösung. Ohne Europa weiß ich nicht, wie wir Griechenland überhaupt gerettet hätten oder den anderen Ländern wie Spanien, Portugal oder Irland hätten unter die Arme greifen können. Um Krisen zu bekämpfen wie die, die wir 2008 bekamen, ist ja jetzt unter anderem die Bankenunion mit gemeinsamen Haftungsfonds beschlossen worden und einer Garantie für Bankguthaben bis 100.000 Euro; das ist einzigartig auf der ganzen Welt. Dadurch, dass ein Land den Euro hat, hat er Freunde.

Lëtzebuerger Journal: Mancherorts steigen die Staatsschulden aber weiter. Was hilft?

Pierre Gramegna: Das Wirtschaftswachstum hilft dabei, dass in den meisten Ländern das Staatsdefizit in diesem Jahr zurückgehen dürfte, ähnlich ist es mit der Verschuldung, wobei ich zugeben muss, dass Griechenland hier ein Sonderfall ist. Man soll aus Griechenland aber nicht die Regel machen: Griechenland muss man weiter unterstützen, weil das Land wirklich ganz hoch verschuldet ist und eine große Rezession hinter sich hat. Alle anderen sind aber auf dem richtigen Weg, und die Reformen, die vorgenommen wurden, beginnen zu greifen.

Zur Frage, ob es ihm keine Sorge bereite, dass die EU -Kommission nun Firmen wie Amazon unter die Lupe nimmt, war zu lesen, man stehe in ständigem Kontakt mit der EU-Kommission. Zusätzliche Aussagen dazu will Gramegna aber derzeit nicht machen.

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