"Neustart für Finanzplatz". Luc Frieden au sujet de l'annonce du gouvernement de passer à l'échange automatique d'informations au 1er janvier 2015

Pierre Leyers: Eine deutsche Zeitung schrieb am Wochenende: "Luxemburg knickt ein." Der Staatsminister hat den Übergang zum automatischen Informationsaustausch angekündigt. Ist heute ein schwarzer Tag für den Finanzplatz?

Luc Frieden: Es ist ein Neustart für den Luxemburger Finanzplatz. Als internationaler Standort brauchen wir einen guten Ruf. Wir müssen uns an internationalen Standards beteiligen und diese aktiv mitgestalten. Den Schritt, den der Premier heute ankündigte, haben wir lange vorbereitet. Wir glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Wir schaffen Rechtssicherheit, auch indem wir ein präzises Datum für den Übergang - der 1. Januar 2015 - ankündigen.

Pierre Leyers: Was bedeutet der Übergang zum automatischen Informationsaustausch für die Luxemburger Sparer?

Luc Frieden: Für die Luxemburger Einwohner ändert sich nichts. Auf ihre Zinsen entrichten sie eine Quellensteuer von zehn Prozent, so wie das jetzt schon der Fall ist.

Pierre Leyers: Das Bankgeheimnis bleibt demnach für die Luxemburger Einwohner bestehen?

Luc Frieden: Das Bankgeheimnis bleibt für die Résidents. Für die Bankkunden aus der übrigen EU gelten weiterhin Vertraulichkeit und Datenschutz. Der Informationsaustausch mit Kunden aus anderen EU-Ländern betrifft nur die Zinserträge. Die Informationen gelangen von einer Steuerverwaltung zu einer anderen, sie sind keineswegs für die Öffentlichkeit bestimmt. Das Berufsgeheimnis des Bankiers wird es auch künftig geben.

Pierre Leyers: Sie sagten schon im Januar: "Das Bankgeheimnis der Zukunft wird ein Bankgeheimnis sein, das den Schutz der Privatsphäre gegenüber Dritten garantiert, aber nicht den Schutz gegenüber internationalen Steuerverwaltungen". Gibt es überhaupt noch ein Bankgeheimnis?

Luc Frieden: Der Begriff ist irreführend: Hinter dem Wort "Geheimnis" vermutet man etwas Verdächtiges. Es wird weiterhin eine Bankvertraulichkeit geben. Diese ist notwendig, weil Bankkunden ein Recht auf Vertraulichkeit haben. Ich erachte das als ein wichtiges Gut in unserer Gesellschaft.

Pierre Leyers: Mit dem Übergang zum automatischen Informationsaustausch opfert Luxemburg sein erfolgreiches Geschäftsmodell?

Luc Frieden: Die Zeiten und die Kunden haben sich geändert. Der Bankenplatz Luxemburg vor zehn Jahren ist nicht mehr mit dem heutigen vergleichbar. Wir haben heute ein breites, international ausgerichtetes Produktangebot, bei dem Steuerhinterziehung absolut keine Rolle mehr spielt. Die Kunden kommen nach Luxemburg nicht um Steuern zu hinterziehen, sondern weil sie eine erstklassige Vermögensverwaltung brauchen. Das Geschäftsmodell der Zukunft wird durch die heutige Entscheidung verstärkt, und nicht geschwächt.

Pierre Leyers: Was bedeutet der Übergang zum automatischen Informationsaustausch für die Banken und ihre Kunden in der Praxis?

Luc Frieden: Wir wenden die europäische Zinsrichtlinie millimetergenau an. Das betrifft sowohl das Anwendungsgebiet als auch die Verfahrensweisen. In der Praxis bedeutet das, dass die Zinserträge von EU-Bürgern von ihrer Luxemburger Bank der Luxemburger Steuerverwaltung mitgeteilt werden. Diese übermittelt die Informationen an die jeweilige ausländische Behörde, die dann ihre Bürger nach ihren Regeln besteuert. Es gelangen keine Informationen von luxemburgischen Banken direkt an ausländische Steuerbehörden.

Pierre Leyers: Die Luxemburger Bankenvereinigung ist "not amused": Sie wirft Ihnen vor, ohne vorherige Abstimmung gehandelt zu haben.

Luc Frieden: Ich habe mit Vertretern der Finanzinstitute, vor allem im "Haut comité pour la place financière", in den letzten Monaten öfter über diese Problematik geredet. Es gab also einen Meinungsaustausch. Die letztendliche Entscheidung hat die Regierung alleine getroffen. Für die Mehrzahl der Bankiers bedeutet die heutige Ankündigung allerdings keine Überraschung. Wichtig ist die Rechtssicherheit, die jetzt besteht. Wichtig ist auch, dass wir diesen Schritt aus freien Stücken tun, und dass er uns nicht von außen oder vom europäischen Gerichtshof aufgezwungen wird.

Pierre Leyers: Wurde dieser Schritt durch die rezente Daten-Leaks-Affäre beschleunigt?

Luc Frieden: Es handelt sich um eine Entscheidung, der ein langer Denkprozess vorangegangen ist. Es gab drei Etappen in diesem Prozess: 2005 der Beginn der Quellensteuer, 2009 der OECD-Standard über den Informationsaustausch auf Anfrage, und jetzt die Verhandlungen über Fatca. Es gibt eine klare Evolution, die weder etwas mit den Diskussionen um den Finanzplatz Zypern noch um etwaige Presseenthüllungen zu tun hat. Die Luxemburger Regierung reagiert nicht im Hauruck-Verfahren, sondern nach langer und reiflicher Überlegung.

Pierre Leyers: Wie steht Luxemburg zu den Vorschlägen zur Erweiterung der Zinsbesteuerungsrichtlinie?

Luc Frieden: Wir werden diese Vorschläge im Detail studieren und uns konstruktiv an diesen Diskussionen beteiligen.

Pierre Leyers: Wo stehen die Verhandlungen mit den USA über Fatca? Für welches Modell des Datenaustauschs wird sich Luxemburg entscheiden?

Luc Frieden: Wir befinden uns noch in der ersten Phase der Verhandlungen. Nachdem ich diese vor ein paar Monaten auf politischer Ebene angestoßen habe, fand letzte Woche die erste technische Expertensitzung statt. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch aufgrund des heutigen Schritts diese Verhandlungen mit Amerika schnell und konstruktiv abschließen können. Wir haben uns noch nicht auf ein spezifisches Modell festgelegt. Es soll jedoch ein Modell werden, das auf eine breite Zustimmung der internationalen Finanzgemeinschaft trifft.

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