"Luxemburg muss offen bleiben". Luc Frieden au sujet de l'annonce de Qatar Airways de quitter le capital de Cargolux

Luxemburger Wort: Herr Minister, käme der Deal zwischen der Qatar Airways und Cargolux mit dem Kenntnisstand von heute noch einmal zustande?

Luc Frieden: Damals wie heute war und ist es absolut notwendig, dass die Cargolux einen Partner bekommt, der ihr einerseits im Fluggeschäft weiterhilft und der andererseits neues Kapital einbringt. Diese Argumente haben damals für eine Beteiligung der Qatar Airways gesprochen, und diese Argumente sind auch heute noch gültig. Heute wissen wir allerdings, dass ein Konzept allein nicht ausreicht. Es ist vielmehr wichtig, dass man diese Strategie im Tagesgeschäft auch umsetzen kann. Deshalb muss man in Zukunft auch viel Wert auf die Atmosphäre legen, in der die Umsetzung erfolgen soll. Deshalb müssen beide Partner aber aufeinander zugehen. Dies ist umso wichtiger, wenn die Aktionäre aus verschiedenen Kulturen kommen.

Luxemburger Wort: Heißt das, dass die Transaktion eher an der Atmosphäre gescheitert ist als am Inhalt?

Luc Frieden: Der Deal war sinnvoll und ganz normal bei Unternehmen dieser Größenordnung. Die Atmosphäre stimmte bei der Transaktion selbst, allerdings nicht bei der Umsetzung. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die Probleme, mit denen man konfrontiert war, sehr groß waren und noch sind. Es war also sehr schwierig gemeinsame Lösungen zu finden.

Luxemburger Wort: Kann man aus dem Fall Qatar Airways Lehren ziehen, um es beim nächsten Mal besser zu machen?

Luc Frieden: Luxemburg braucht ausländische Investoren. Wir brauchen sie deshalb, weil wir in Luxemburg nicht über ausreichend Kapital verfügen, um in einer globalen Wirtschaft neue Märkte erschließen zu können und um das erforderliche Knowhow zu erhalten. Das setzt allerdings voraus, dass auch wir uns verändern. Wir können nicht einfach darauf warten, dass Investoren uns ihr Geld bringen. Wir müssen auf die ausländischen Anleger eingehen. Wenn wir das nicht fertig bringen, werden solche Transaktionen in der Zukunft sehr schwierig. Allerdings müssen die Investoren uns ebenfalls zuhören. Es muss ein Geben und Nehmen sein. Was die Cargolux anbelangt, sind die Herausforderungen umso größer, als es sich um ein Unternehmen handelt, das sich in einem sehr schwierigen Umfeld behaupten muss. Wenn wir in Luxemburg weiterhin Unternehmen haben wollen, die auf der ganzen Welt aktiv sind, dann müssen wir auf Partnerschaft setzen. Wir dürfen nicht einfach alles schlecht reden, was von außen kommt. Wir müssen uns auch in Selbstkritik üben und uns fragen, welche strukturellen Defizite wir haben, und wie wir sie beseitigen können.

Luxemburger Wort: Im Verlauf der Cargolux-Debatte wurde die Befürchtung laut, dass Betriebsgeheimnisse an Qatar Airways gelangt sein könnten. Einige Behauptungen gehen sogar soweit, dass dies das Ziel der ganzen Operation gewesen sein könnte ...

Luc Frieden: Ich kann nicht für Qatar Airways sprechen und weiß auch nicht, welche Absichten das Unternehmen verfolgte. Ich bin allerdings der festen Uberzeugung, dass es im Moment der Transaktion sowohl das Ziel der Katarer als auch der Luxemburger war, die Fluglinie weiter zu entwickeln. Ich glaube nicht, dass es darüber hinaus andere Zielsetzungen gab. Ich glaube auch nicht, dass Informationen nach außen gelangt sind, die nicht längst bekannt waren. Die Branche ist nämlich recht überschaubar, es gibt nicht sehr viele Akteure. Die Mitstreiter wissen deshalb recht genau, was die Konkurrenz tut.

Luxemburger Wort: Im Rahmen der Debatte um die Cargolux wurde u. a. auch der Vorwurf erhoben, dass die Kommumkation der Regierung nicht optimal war. Wird sich daran bei künftigen Wirtschaftsmissionen etwas ändern?

Luc Frieden: Es ist absolut notwendig, dass wir versuchen, neue ausländische Investoren zu finden. Der Wirtschafts- und der Finanzminister werden dies in Zukunft auch weiterhin tun. Wir müssen beweisen, dass Luxemburg nach wie vor ein interessanter Wirtschaftsstandort ist. Im Kabinett werden solche Wirtschaftsmissionen ausgiebig erörtert. Das habe ich übrigens auch getan bei meiner Reise nach Katar. Wenn man aber einen Fisch im Investitionsgeschäft an der Angel hat, darf man nicht sofort mit den Informationen an die Offentlichkeit. Man muss zunächst dafür sorgen, dass das Dossier im Detail ausgehandelt wird. Erst wenn das der Fall ist, sollte man die Offentlichkeit informieren. Andernfalls besteht das Risiko, dass man dem Unternehmen, um das es sich handelt, schadet. Vertraulichkeit ist in solchen Dingen erforderlich, um erfolgreich zu sein.

Luxemburger Wort: Befürchten Sie nicht, dass der gescheiterte Deal mit Qatar Airways negative Auswirkungen auf zukünftige Geschäfte haben wird?

Luc Frieden: Das ist meine große Sorge und ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird. Eine Reihe Aussagen, die in der Offentlichkeit gemacht wurden, sind allerdings der Sache nicht unbedingt förderlich. Die Regierung muss klarstellen, dass ausländische Investoren weiterhin willkommen sind, und dass wir in einem partnerschaftlichen Geist mit diesen Anlegern zusammen arbeiten wollen. Das darf nicht nur für Investoren aus den Nachbarländem gelten, das muss für Investoren aus allen Ländern der Welt Gültigkeit haben. Das größte Wirtschaftswachstum gibt es im Moment nämlich nicht in Europa sondern außerhalb von Europa. Wir dürfen also bei den weiteren Verhandlungen nicht die falsche Botschaft vermitteln. Luxemburg war immer nur stark, wenn wir unsere Tore geöffnet haben. Deshalb sind wir heute ein wohlhabendes Land, und ich will, dass Luxemburg auch in Zukunft ein Land bleibt, in dem es sich gut leben und arbeiten lässt.

Luxemburger Wort: Haben Sie keine Angst, dass die Entwicklung bei der Cargolux sich negativ auf die BIL und die KBL auswirken könnte?

Luc Frieden: Bei der Cargolux, der BIL und der KBL handelt es sich um drei völlig getrennte Dossiers. Bei der Cargolux haben wird einen strategischen Partner gesucht. Bei der KBL war die Regierung überhaupt nicht involviert. Und bei der BIL haben wir in einer dramatischen Rettungsaktion innerhalb sehr kurzer Zeit mit Hilfe eines Investors aus dem Katar die Bank vor dem Zusammenbruch gerettet. Doch auch wenn die drei Fälle nichts miteinander zu tun haben, müssen wir Sorge tragen, dass die Investoren aus dem Katar keine falsche Botschaft erhalten. Was die BIL anbelangt, gab es keinen anderen Investor, der bereit gewesen wäre, das erforderliche Kapital einzubringen. Deshalb sollten wir den Investoren auch mit dem nötigen Respekt begegnen.

Luxemburger Wort: Zurzeit sind russische und chinesische Investoren im Gespräch, die bei der Cargolux einsteigen könnten. Auch hier könnte wiederum die Kritik laut werden, dass es sich bei beiden Ländern nicht um lupenreine Demokratien handelt ...

Luc Frieden: Ich kann Ihnen zurzeit nicht sagen, wie es weitergehen wird. Meines Wissens nach gab es aber noch keine weiteren Gespräche. Hinzu kommt, dass Qatar Airways bis auf Weiteres noch Aktionär bei der luxemburgischen Frachtairline ist. Also muss erst einmal diese Transaktion abgeschlossen werden. Es wird also noch eine Weile dauern. Ich bin aber überzeugt, dass die Cargolux einen industriellen Partner braucht. Was nun das Heimatland der Investoren anbelangt, müssen wir uns von der Idee verabschieden, dass diese Länder ganz genau so aufgestellt sein müssen, wie dies in Luxemburg der Fall ist, das heißt, dass sie ein Mehrparteiensystem haben müssen und über eine Gewerkschaftsszene verfügen, die der unseres Landes entspricht. Wenn wir wollen, dass unser Land weiterhin für ausländische Investoren offen bleibt, müssen wir auch akzeptieren, dass andere Länder etwas anders organisiert sind. Damit will ich die Menschenrechtsfrage nicht herunterspielen. Es geht aber auch um den Respekt, den wir vor anderen Systemen haben müssen. Wir können nicht die ganze Welt nach dem Luxemburger Modell organisieren.

Luxemburger Wort: Wie soll die Zeit überbrückt werden, bis ein neuer Investor gefunden ist, und mit welchen finanziellen Belastungen für den Steuerzahler muss gerechnet werden?

Luc Frieden: Ich will nicht ausschließen, dass der Staat für einen kurzen, begrenzten Zeitraum Aktien kaufen wird, um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu verkaufen. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Es wäre aber meiner Meinung nach nicht sinnvoll, wenn der Staat Unternehmen wie die Cargolux zu 100 Prozent besitzen würde. Solche Betriebe müssen sich nämlich in einem internationalen Umfeld behaupten können und sich deshalb anders aufstellen können, wie dies als staatliches Unternehmen möglich ist. Es wird allerdings schwierig sein, in Zeiten angespannter Haushaltslage finanzielle Mittel freizustellen, um solche Aktivitäten längerfristig durch den Staat zu finanzieren. Die Operation muss also so abgewickelt werden, dass die Belastungen für den Steuerzahler möglichst gering sein werden. Ich will in dem Kontext darauf hinweisen, dass wir die Aktien, die wir nach dem Konkurs der Swissair übernommen hatten, an den Katar mit einem Gewinn von 2,5 Millionen Euro weiterverkauft haben. Wir sollten uns also an einem solchen Modell inspirieren.

Luxemburger Wort: Eines der Probleme bei der Zusammenarbeit zwischen Cargolux und Qatar Airways war die Besetzung des Postens des Generaldirektors. Wie wird es in dieser Frage nun weitergehen?

Luc Frieden: Bei solchen und ähnlichen Fragen muss man immer gemeinsam eine Lösung finden. Ich bedauere, dass in dem Punkt von beiden Seiten nicht genug getan wurde, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu finden.

Luxemburger Wort: Wurden Sie selbst von dem Scheitern der Zusammenarbeit überrascht?

Luc Frieden: Ich war am Freitag in der Schweiz und wurde vollkommen von der Nachricht überrascht. Ich bedauere es übrigens sehr. Man muss allerdings berücksichtigen, dass es bei der Zusammenarbeit zwischen zwei Partnern zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann, die dann eben zum Bruch führen. Wir müssen nun darüber nachdenken, wie wir die strukturellen Probleme von luxemburgischen Unternehmen angehen können, die sich in einem rein internationalen Umfeld behaupten müssen. Die Probleme nur auf den Einstieg eines ausländischen Aktionärs zurückzuführen, greift einfach zu kurz.

Luxemburger Wort: Um solche Probleme wirkungsvoll anzugehen, haben Sie in der Vergangenheit immer wieder eine breite Debatte gefordert ...

Luc Frieden: Die Debatte über internationale Aktionäre und die Debatte um die Staatsfinanzen überschneiden sich. Wir brauchen nicht alles über Bord zu werfen. Allerdings ist in der Folge der Krise und aufgrund der globalisierten Wirtschaft in weiten Kreisen die Erkenntnis gereift, dass wir uns neu aufstellen müssen. Nach meiner letztjährigen Haushaltsrede habe ich übrigens eine ganze Reihe von bilateralen Gesprächen geführt, in deren Verlauf ich feststellen konnte, dass viele Akteure zur gleichen Uberzeugung gelangt sind. Darauf müssen wir nun aufbauen, um einige Dinge im Land zu verändern. Die veränderten Begebenheiten zwingen uns dazu.

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