Luc Frieden: Die größte Herausforderung bestand darin, dass alles für den 1. Januar 2002 bereit sein musste: der Druck und die Verteilung der Euros, die Zusammenarbeit mit der Geschäftswelt und den Banken für den Umtausch sowie die Information der Bevölkerung. Es war für mich als "Eurominister" eine faszinierende Aufgabe und ein Modell von guter Zusammenarbeit zwischen Privatsektor und Staat. Die Umstellung verlief größtenteils reibungslos und nach wenigen Tagen bezahlte jeder in der neuen Währung.
Sanja Simic: Welche Bilanz ziehen Sie nach zehn Jahren? Ist die europäische Gemeinschaftswährung in Ihren Augen eine Erfolgsgeschichte?
Luc Frieden: Der Euro hat unserem Land, das den größten Teil seines Handels mit seinen Nachbarstaaten tätigt, viele Vorteile gebracht: Wegfall von Umtauschgebühren, keine Wechselkursschwankungen, keine Abwertungen, bessere Möglichkeiten von Preisvergleichen, Preisstabilität, vereinfachtes Reisen in Europa um nur diese zu nennen.
Sanja Simic: Wie sieht die Zukunft des Euro aus? Welche Auswirkungen wird die europäische Schuldenkrise auf die Entwicklung der Gemeinschaftswährung in den kommenden Jahren haben?
Luc Frieden: Die Eurozone durchlebt zurzeit eine große Vertrauens- und Stabilitätskrise. Die zusammenhängenden Banken-, Wirtschaftsund Schuldenkrisen haben zu großen Problemen geführt, die nur durch einen langen Prozess von vielen Schritten behoben werden können. Dazu braucht es Haushaltsdisziplin und den Respekt gemeinsamer Budgetregeln. Wir müssen uns bewusst werden, dass finanz- und wirtschaftspolitische Entscheidungen in einem Euroland Auswirkungen auf die anderen Euroländer haben. Koordinierte Wachstumspolitik und gesunde Staatsfinanzen werden, mittels schwieriger Reformen, den Euro stärken. 2012 wird ein entscheidendes Jahr für den Euro werden. Seien wir uns bewusst: Der Euro ist mehr als eine Währung. Schengen und der Euro sind die sichtbaren Symbole für die Einheit Europas, die uns Frieden, Sicherheit und Wohlstand sichern.