Luc Frieden au sujet des réunions de l'Eurogroupe du 29 novembre et de la crise de la dette publique

Anne Raith : Es ist, als hinke man immer einen Schritt hinterher. Während die Euro-Finanzminister die nächsten Hilfszahlungen für Griechenland beschließen, rückt nun Italien in den Fokus. Während die Ausgestaltung des Rettungsfonds EFSF festgezurrt wird, wird schon längst darüber diskutiert, dass der eigentlich in dieser Form nicht ausreicht, selbst mit Hebel nicht. Das ist das Fazit des gestrigen Euro-Finanzministertreffens. Griechenland bekommt mehr Geld und der EFSF wird gehebelt.

Am Telefon begrüße ich nun den luxemburgischen Finanzminister Luc Frieden. Einen schönen guten Morgen!

Luc Frieden: Guten Morgen!

Anne Raith: Herr Frieden, wie groß ist denn Ihre Ernüchterung, dass der sogenannte Hebel nicht die gewünschte Kraft haben wird?

Luc Frieden: Ich denke, dass wir einen großen Fortschritt gemacht haben, in dem Sinne, dass wir durch diesen Hebel die Schlagkraft des EFSF vergrößert haben. Wie viel genau, lässt sich erst sagen, wenn die Märkte darauf reagieren. Aber ich denke, diese Teilabsicherungs-Lösung, Spezialfonds-Lösung wird uns helfen, zusammen mit anderen Elementen, Vertrauen in die Euro-Zone zu schaffen. Man muss das alles sehen in einem Prozess, der begonnen hat, bei dem wir verschiedene Elemente brauchen, und EFSF ist nicht die Lösung, aber ein wichtiger Teil der Lösung.

Anne Raith: Aber es ist im Moment noch völlig offen, ob es gelingt, aus 440 Milliarden 1.000 Milliarden zu machen. Glauben Sie denn, dass die jetzige Lage der Euro-Zone ausländische Investoren überzeugt zu investieren? Bislang waren die ja noch sehr zögerlich.

Luc Frieden: Das wird erst gelingen, wenn wir wieder Vertrauen und Stabilität haben, und deshalb gilt es, mehrere Dinge zu machen. Erstens müssen die Staaten, die jetzt Hilfe bekommen, wie Griechenland, Portugal, Irland, sich an die strikten Auflagen halten, die wir vorgeschrieben haben, und das muss auch überprüft werden und da muss es auch Sanktionen geben, wenn sich daran nicht gehalten wird. Zweitens brauchen wir natürlich EFSF mit einer stärkeren Schlagkraft. Ich glaube, da sind wir auf dem guten Weg, selbst wenn es nur 700 oder 800 Milliarden werden. Wir brauchen, denke ich, auch die Hilfe des IWF, wo wir ja als Europäer ein sehr großer Anteilshaber sind. Und ich denke, vor allem auch müssen wir die Regeln, wie Europa, wie die Währungsunion organisiert ist, verbessern. Dazu gehört also das Element Stabilität. Und wir brauchen vielleicht sogar bessere Durchgriffsmöglichkeiten des Rates oder der Kommission, vielleicht auch mit Einschalten des Europäischen Gerichtshofes, um sicherzustellen, dass die Menschen Vertrauen in die Stabilitätsunion Europa haben können. Und deshalb braucht es vielleicht auch einiger Vertragsänderungen.

Anne Raith: Diese Vertragsveränderungen sollen Anfang Dezember beim Gipfel auf der Agenda stehen. Schon jetzt wird ja - Sie haben es auch angesprochen - ein stärkeres Engagement des Internationalen Währungsfonds in Betracht gezogen. Ist das ein Eingeständnis, dass der Durchbruch, der ja beim letzten Treffen noch gefeiert wurde, doch keiner war?

Luc Frieden: Das muss man nicht unbedingt so sehen. Ich denke, dass wir hier in einer immer mehr zusammenhängenden Weltwirtschaft funktionieren, und das, was in Europa geschieht, ist natürlich auch von großem Interesse für den Rest der Welt. Und ich denke, dass Amerika auch beim Gipfel mit der EU vorgestern deutlich gemacht hat, dass die Amerikaner auch unsere Probleme als ihre Probleme ansehen und umgedreht. Und deshalb denke ich, dass der IWF der Ort ist, wo Russland, China, Amerika, Europa und andere zusammenkommen, und deshalb sollte man auch eine gemeinsame Lösung hervorbringen. Aber wir müssen auch in Europa unsere Hausaufgaben machen, und das gilt vor allem für die Staaten, die keine strikte Haushaltspolitik gemacht haben. Wir bezahlen heute dafür, dass wir uns nicht an die Regeln gehalten haben, die wir uns gegeben haben. Ziel muss es sein, in einer Euro-Zone zu leben, wo wir nicht nur in einer politischen Union sind, aber mit gemeinsamen Regeln haushalten müssen, und dazu braucht es noch weitere Instrumente. Ich denke, dass wir da auf dem guten Weg sind, auch mit dem, was vor wenigen Wochen im Rat und im Europäischen Parlament mit einer besseren "economic governance" beschlossen wurde.

Anne Raith: Aber, Herr Frieden, der Unmut in den Schwellenländern ist jetzt schon groß, die Euro-Zone zu unterstützen mittels des IWF, und sogar Österreich macht schon die Grenzen seiner Solidarität bewusst. Ist das überhaupt machbar, den IWF mehr einzubeziehen?

Luc Frieden: Das müssen die Verhandlungen ergeben. Aber ich denke, in einer Welt, die zusammenwächst, können wir nicht Probleme nur an einem Ort lösen. Alles was der eine macht, ist auch im Interesse des anderen. Das gilt im Übrigen auch für die Hilfe, die wir einigen südeuropäischen Staaten geben. Das ist auch Hilfe für uns selbst, denn unsere Finanzinstitute haben Geld nach diesen Staaten geliehen und wir müssen uns auch immer wieder in Erinnerung rufen, dass die Weltwirtschaft schwächelt und dass wir ein gemeinsames Interesse daran haben, die Probleme in Europa, aber auch an anderen Orten wie zum Beispiel in Amerika gemeinsam anzugehen. Dazu braucht es Stabilität, dazu braucht es Veränderungen, und die müssen wir gemeinsam angehen.

Anne Raith: Herr Frieden, eine weitere Entscheidung wurde gestern getroffen: Griechenland hat die nächste Tranche der Hilfszahlungen erhalten. Griechenland hat Sie offenbar überzeugt, dass nun alle hinter den Sparmaßnahmen stehen. Hatten Sie denn überhaupt eine Wahl, mit Blick auf Italien, mit Blick auf Griechenland, mit Blick auf Irland?

Luc Frieden: Selbstverständlich hatten wir eine Wahl, denn wir haben Kredite versprochen unter der Bedingung, dass die Auflagen erfüllt werden. Und erst als wir die Zusage von allen Parteichefs Griechenlands bekamen, schriftliche Zusagen, dass sie auch diese Auflagen erfüllen werden, durch ihre Vertreter im griechischen Parlament, haben wir die nächste Tranche freigegeben. Die wird natürlich nicht alle Probleme lösen. Die großen Herausforderungen werden im Jahre 2012 kommen, wenn das zweite Hilfspaket diskutiert werden muss. Und wir werden natürlich auch zeitgleich schauen, dass der neue italienische Premier und Finanzminister, Herr Monti, der gestern Abend bei uns war, auch seine Versprechen umsetzen wird. Für uns gilt es, nicht nur auf Versprechen zu urteilen, sondern das, was umgesetzt wird, und da sind wir jetzt in einer Welt, wo einige Staaten ihre Souveränität nicht mehr alleine ausüben können, sondern unter der Kontrolle auch der anderen Kollegen der Euro-Zone stehen. Das ist eine neue Welt. Das Euro-Land verlangt eine gemeinsame Stabilitätspolitik.

Anne Raith: Sagt der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden. Haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch.

Luc Frieden: Bitte sehr!

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