"Mittel für Portugal vorhanden", Luc Frieden au sujet du futur mécanisme de stabilité financière (MES)

FAZ: Die Euro-Gruppe will den Rettungsfonds EFSF möglichst bald aufstocken, damit er 440 Milliarden Euro verleihen kann. Herr Frieden, der künftige Euro-Krisenfonds, also der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), wird gegenüber anderen Gläubigern eine Vorrangstellung einnehmen. Wie wird diese Position in der Realität aussehen?

Luc Frieden: Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass der Aufbau des ESM in relativ kurzer Zeit einen großen politischen Fortschritt darstellt. Der ESM wird Mitte 2013 seine Arbeit aufnehmen. Bis dahin haben wir einen voll schlagkräftigen Rettungsfonds, die Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF). Bei der Vorrangstellung haben wir das Prinzip des Internationalen Währungsfonds (IWF) übernommen. Wie dieser Status in der Praxis genau aussehen wird, muss sich noch erweisen. Aber eine Rangfolge der Gläubiger muss es geben und diese ist nun politisch festgelegt worden.

FAZ: Wird sich der ESM-Status an dem IWF-Prinzip der vollständigen Transparenz orientieren?

Luc Frieden: Ja, davon kann man ausgehen. Die Finanzminister der Euro-Gruppe haben in ihren Gesprächen ausdrücklich auf die IWF-Praxis verwiesen.

FAZ: Falls ein Euro-Land umschulden muss, wie wird sich dann die Vorrangstellung des ESM auswirken?

Luc Frieden: Wir haben den Status prinzipiell festgelegt; die genauen Details müssen bis 2013 ausgearbeitet werden. Vor der Sommerpause müssen die rechtlichen Grundlagen für die Ausweitung der Kreditvergabekapazität des EFSF geschaffen werden. Dazu müssen die nationalen Parlamente ihre Genehmigung erteilen.

FAZ: Der EFSF umfasst 440 Milliarden Euro, kann aber wegen den von den Ratingagenturen geforderten Überdeckungen nur 250 Milliarden Euro verleihen.

Luc Frieden: Wir wollen die volle Summe, also die 440 Milliarden Euro, ausschöpfen können. Darauf haben sich die Euro-Finanzminister im Grundsatz geeinigt. Aber die EFSF braucht derzeit nicht die volle Summe, selbst dann nicht, wenn ein weiteres Land nach Irland ein Antrag auf Hilfe stellen würde.

FAZ: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Portugal den Rettungsfonds benötigen wird?

Luc Frieden: Die Spekulationen der Märkte sind nie hilfreich. Darüber kann erst entschieden werden, wenn es eine entsprechende Anfrage gibt. Sollte Portugal in dem umstrittenen Sparprogramm Hilfe benötigen, wären die Mittel dazu vorhanden. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Die Europäische Währungsunion wird nicht zusammenbrechen, wenn es in Portugal Probleme gibt.

FAZ: Dient der ESM dazu, die Umschuldung eines Euro-Landes zu vermeiden?

Luc Frieden: Unser Ziel ist es zunächst, Haushaltsdisziplin in der gesamten Euro-Zone zu schaffen. Dazu dient die Verstärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Wenn es aber zeitweilig zu Liquiditätsproblemen kommt, haben wir in Zukunft mit dem ESM ein Instrument zur Unterstützung. Sollten diese Möglichkeiten nicht greifen, wird es zu einer Restrukturierung kommen. Die Restrukturierung betrifft nur Anleihen, die nach 2013 begeben werden.

FAZ: Werden durch den ESM die Banken dauerhaft vor den Wertberichtigungen, die bei einer Umschuldung nötig werden, geschützt?

Luc Frieden: Wenn wir in einer so vernetzten Welt einem anderen Land helfen, dann helfen wir auch unseren eigenen Banken. Angesichts der hohen Engagements europäischer Banken in den Euro-Ländern stellen wir fest, dass wir uns selbst helfen, wenn wir anderen helfen.

FAZ: Jean Claude Juncker hatte als Chef der Euro-Gruppe die Emission gemeinsamer Euro-Anleihen vorgeschlagen. Wird dieses Ziel noch immer verfolgt?

Luc Frieden: Diese Diskussion ist durch die Ausgestaltung des dauerhaften Rettungsfonds ESM im Moment nicht aktuell.

Dernière mise à jour